EMBODY-MENTALE NOTFALLAPOTHEKE NACH STURZ

Herzlich Willkommen in einem gesunden glücklichen erfüllten Leben.

Embodi-Mentale Notfallapotheke
Was tun nach einem – gimpflichen und doch schmerzhaften – Sturz?

Hier siehst du Caramello, unseren Golden Doodle. Schnuffig, oder? Dort in der freien Natur ist er klasse. Er liebt es, mit uns zu laufen, geht zwar ein ganz klein bisschen seine eigenen Wege, bleibt jedoch in Sichtweite. Bei einem Ruf ist er sofort wieder zur Stelle.

Gestern haben wir ihn in die Stadt mitgenommen, damit er lernt, auch dort vorbildlich mitzulaufen. Das ist er noch nicht so gewohnt – bislang hatten wir ihn meistens im Auto gelassen, wenn wir irgendwo essen oder shoppen waren-
Wir sind erst in ein leckeres Café zum Frühstücken gegangen – Caramello lag brav unter dem Tisch und stibitzte auch nichts vom Teller. Vorbildlich!
Dann ging es zum Shoppen mitten durch die Einkaufszone. Er schnüffelte überall und war mit seiner Aufmerksamkeit gar nicht bei uns, sondern bei den vielen Gerüchen, die ihn so sehr anzogen.
Vor dem Supermarkt banden wir ihn an und kauften Tüten voller Lebensmittel. Er wartete geduldig auf uns.
Auf dem Rückweg kam er noch neben einer dicken Tüte an die Leine – auf ging`s bis zum Parkhaus. Kurz vorher kamen uns zwei kleine Hunde entgegen, nein natürlich ein Herrchen mit zwei kleinen Hunden und dann noch ein Frauchen mit zwei etwas größeren Hunden. Natürlich angeleint.
Und auf einmal – schwupps – lag ich mit allen Tüten auf dem harten Pflaster und zwar direkt auf der Nase. Ungefähr in der Haltung eines missglückten Liegestützes.
Caramello genoss seine Freiheit mit langer loser Leine. Dietrich fasste sie schnell und gleichzeitig kümmerte er sich um mich. Oder andersherum, keine Ahnung. Ich lag ja mit der Nase auf dem Boden und sah nur das graue Pflaster.
Alles tat weh!!! Mir war zum Heulen!
Kurzer Check: Körperlich schien alles in Ordnung bis auf ein paar Schürfwunden an den Knien und Händen.
Leute hielten an, fragten mitfühlend, ob sie helfen konnten. Das war mir total peinlich. Ich bin schließlich preußisch erzogen! Ich stand auf, sagte es passt alles schon. Dietrich wollte besorgt zum Arzt. Ich antwortete fast ärgerlich, dass ich keinen Arzt bräuchte. Aus der Lippe lief etwas Blut, aber wohl nicht viel. Ich schnappte die Tüten und weiter ging es zum Parkhaus.
Mein Verstand raste, um der aufkeimenden Angst keinen Raum zu geben. Verletzung ist immer eine Art Trauma für den Körper – was kann ich tun, um ihm zu zeigen, dass jetzt alles vorbei ist? Oder sollte ich lieber formulieren: Was kann ich tun, damit mein erschreckter Verstand jetzt nicht die ganze Palette abrattert, was alles passiert sein könnte oder noch passieren wird: Halswirbelsäulentrauma, gebrochene Nase, andere Knochenbrüche, Verschiebungen der Körperstatik, lockere Zähne, Folgeschäden mit Kopfschmerzen, Rückenprobleme etc.????
Dietrich holte das Auto aus dem Parkhaus während ich unten an der Ausfahrt wartete.
Dort sah mich keiner und ich begann mit meinen ersten Übungen, die ich stets als Basis-Programm für fast alles vermittle:

1a) Ausatmen, ausatmen, ausatmen.
1b) Ausatmen, ausatmen, ausatmen.
1c) Ausatmen, ausatmen, ausatmen.

2a) Schreien, Weinen, jammern, toben
2b) Schreien, Weinen, jammern, toben
2c) Schreien, Weinen, jammern, toben

3) Schütteln, schütteln, schütteln – den Körper aus der Angststarre wieder hinaus in Lebendigkeit führen.

Dietrich brauchte lange, das Auto mit den Tüten zu bepacken, Caramello einzuladen und vom 4. Stock des Parkhauses wieder zur Ausfahrt zu finden. Danke, so konnte ich lange schütteln. Unbemerkt.

4) Wenn der erste Schock verflogen ist, dann beim Schütteln bitte lächeln, lächeln, lächeln – dies suggeriert dem Körper, dass alles in Ordnung ist. Du kannst dir auch vorstellen, du bist wie ein kleines Kind gerade hingefallen: Zuerst schreist und weinst du. Dann lachst du über die dämliche Situation und hüpfst weiter in dein Leben.

Schließlich kam er und ich stieg ins Auto.

5.) Ausatmen, ausatmen, ausatmen.

6.) Dietrich nahm meine Hand, streichelte mich. Ja, das ist eine ganz wichtige Übung zur Verarbeitung von Schock. Wenn möglich nimm Kontakt auf zu einem liebevollen Wesen. Finde Trost, Unterstützung und Zuversicht. Spüre menschliche Wärme. Wenn niemand da ist, streichle ein Tier, lehne dich an einen Baum – oder stell dir einfach Halt und Geborgenheit vor.
7.) Wir fuhren heim. Ich ging unter die Dusche. Ich stellte mir vor, das Wasser reinigt all den Schock weg, die Blessuren, die Existenz-Ängste. Das tat gut.
Vielleicht ist dir mehr nach einem Bad – auch gut.
8.) Dann ruhte ich mich aus. Immer wieder poppten Erinnerungen von der Härte des Sturzes hoch. Die wollte ich ja gar nicht haben, denn sie erinnerten meinen Körper erneut an die Verletzungssituation. Dieses Bild wollte ich nun wahrlich nicht zementieren. Aber immer wieder sackte der Körper innerlich nach vorne. So stellte ich mir vor, ich falle in ein weiches Matratzenlager. Hui, das machte fast sogar Spaß. Dann ließ ich mich von einem Engel auffangen. Irgendetwas muss mich ja gerettet haben, denn außer einer kaputten Strumpfhose war nicht wirklich was passiert. Mit diesem Wechsel von puffigen Wolkenfederbetten und Engelsarmen verschwanden die bedrohlichen Bilder und der Körper entspannte sich.
9.) Mein Bedürfnis war nach einer Fußmassage. Geduldig knetete Dietrich meine Füße. Warum zuerst die Füße? Dietrich meint, sie seien ja das erste Körperteil gewesen, was den Boden verloren hat – halt schwupps eben.
10.) Ja und dann kam sehr viel Dankbarkeit. Es ist alles wirklich gut gegangen. Mein Körper ist absolut genial. Mein sympathisches System – und dieses Mal fühlte es sich im wahrsten Sinne des Wortes sympathisch an, ich könnte es glatt umarmen – hatte super reagiert. Caramello zog – ein jugendlicher Rüde, der zu einer reizenden Hundedame will hat sehr sehr viel Kraft – ich weiß nicht, mit wie viel PS ich da hinflog. Irgendwie hat es mein Sympathikus geschafft, dass ich mich blitzschnell auf die Hände fallen ließ und meine Knubbelnase hat er dann auch noch zum Abfedern benutzt. Perfekt, oder? Also danke, danke, danke für die Weisheit meines Körpers.

So, das war die längere Geschichte. Ich weiß nicht, ob es wichtig ist, so persönlich zu werden. Eigentlich reicht ja folgendes:

Embodi-Mentale Notfallapotheke bei Sturz
– Ausatmen
– Weinen, Schreien, Toben – bis der Schock aus deinem Körper verschwindet
– Schütteln – bis auch noch die letzte Panik – Anspannung sich auflöst
– Lächeln – damit der Körper weiß, es geht dir gut
– Einatmen: Kühle, Frische, Liebe
– Körperkontakt – dann fühlt sich dein Körper in Sicherheit
– Duschen, Baden – reinige die letzten Ängste fort
– Trauma umschreiben – mach daraus eine Geschichte mit Happy End