Mythologischer Hintergrund
Die Wortschöpfung Schweinehund ist ja aus psychologischer Sicht sehr faszinierend: Sowohl der Wolf/die Wölfin als auch die Wildsau waren Krafttiere im alten Europa – über die Jahrhunderte wurden sie verniedlicht zum rosa Hausschweinchen oder verteufelt zum bösen Wolf, den wir in „Rotkäppchen“ oder auch „Der Wolf und die sieben Geißlein“ wiederfinden. In den Büchern „Das Schwarzmondtabu“ oder „Die Wolfsfrau“ findest du einige wunderschöne Geschichten und Interpretationen über die ursprünglichen Kräfte dieser Tiere.[i]
Vom Wolf zum Schoßhund
Der Wolf war einmal das am weitesten verbreitete Landraubtier der Erde. Wölfe sind Rudeltiere und kommen am besten in der Gruppe weiter; ganz entgegen des Mythos des einsamen Wolfs.
Bei den Kelten wurde der Wolf wegen seines stark ausgeprägten Familiensinns als Symbol für die Gemeinschaft verehrt. In den germanischen Legenden tummeln sich Odins Wölfe Geri und Freki, sowie die Wolfsbrüder Skalli und Hati, welche den Wagen der Sonnengöttin und des Mondgottes hinterherjagen.
Und für die Indianer Nordamerikas ist der Wolf ein weiser Lehrer, der mit den Mächten des Mondes in Verbindung steht.
Ein positives Bild des Wolfs zeichnet auch die römische Mythologie insbesondere in Bezug auf die Gründung Roms: Nachdem die Gotteskinder Romulus und Remus in einem Korb auf einem Fluss ausgesetzt wurden, nahm eine Wölfin sich ihrer an, säugte sie und sichert so ihr Überleben, bis die beiden von einem Hirten endgültig in Sicherheit gebracht wurden. Später gründeten Romulus und Remus die Stadt Rom – und das alles wäre niemals möglich gewesen ohne den Einsatz jener hilfsbereiten Wölfin. Viele Völker Zentralasien, sahen im Wolf einen direkten Vorfahren und verehrten ihn als heiliges Tier.
Wölfe sind äußerst soziale und intelligente Tiere: Allein durch die Organisation im Rudel können sie gemeinsam Tiere erbeuten, die ein Vielfaches ihres eigenen Körpergewichtes aufweisen. Krafttier Wolf zeigt uns, welche Rolle familiäre Bindungen für uns haben und wie wir diese noch besser leben. Beim Jagen ihrer Beute zeigt sich erst, wie clever Wölfe durch verschiedene, fein aufeinander abgestimmte Techniken ihre Beute jagen und erbeuten – der Aufruf an uns, unsere Ziele genau ins Visier zu nehmen und durchdacht und methodisch umzusetzen. Als echte Teamplayer können Wölfe erst im Rudel wirklich ihre gesamte Power entfalten.
Unser Schweinehund allerdings ist einsam ohne Rudel und hat dadurch auch seine Intelligenz für die Jagd verloren, nämlich dem Erreichen von Zielen. Er ist domestiziert, eingesperrt und wird artfremd gehalten – er kann nicht raus, er wird träge, faul und einsam.
Von der Wildsau zum rosa Hausschwein
Wenn wir uns die Wildsau anschauen, finden wir in ihrer mythologischen Entwicklung durchaus ähnliche Eigenschaften.
Während der Eber anfangs im Matriarchat die wilde Macht der Großen Mutter ist, wird er später in der Umkehrung des Patriarchats zum Inbegriff der Kraft, oft auch des Aggressiven und des Bösen.
Als angriffslustiges Tier, das ungestüm durch das Unterholz bricht, ist die wilde Stammform als Keiler das Sinnbild für unerschrockenen, unbeugsamen Kampfesmut. Krieger trugen oft Helme in Eberkopfform oder mit eng aneinandergereihten Hauern, und der Name des Tieres wurde als Symbol für Heldenkraft eine ehrende Bezeichnung von Fürsten. Bei den Indoeuropäern galt der Eber als ein mit Sonnenkräften begabtes Tier und repräsentierte damit das männliche Prinzip. Aber wenn er in weißer Farbe auftrat, wurde er zum Mondtier und geriet damit in den weiblichen Symbolbereich. In dieser Hinsicht verkörperte er als Sumpfbewohner das feuchte Prinzip und bedeutete auch Sinnenlust und Schlemmerei.
In der indischen Mythologie ist der Eber Varaha die dritte Inkarnation von Vishnu. Dieser hohe hinduistische Gott nahm die Gestalt des männlichen Schweins an, um die noch sehr jugendliche Mutter Erde vor dem Dämon Hiranyakscha zu retten, der sie in seine Gewalt gebracht und in die Tiefen des Weltmeeres versenkt hatte. Bei den alten Ägyptern verkörperte er das Böse als todbringende Bestie, in die sich der Gott Seth verwandelte, um seinen Zwillingsbruder Osiris umzubringen.
Der Eber war im antiken Griechenland dem Kriegsgott Ares heilig.
Die germanische Mythologie erwähnte den „Güllinbürsti“ (= „goldborstener Sonneneber“) als schützendes, im Kampf erprobtes Wappenbild mit der Bedeutung von Stärke und Heldenmut. Seine Goldborsten symbolisierten die Sonnenstrahlen und leuchteten so stark, dass die Nacht dadurch erhellt wurde. Dieses männliche Schwein konnte Tag und Nacht schneller laufen als ein Pferd. Es diente als Reittier dem Fruchtbarkeitsgott Freyr, dem beim Opfer besonders der Eber geweiht war. Dieser schöne Jüngling mit langen blonden Haaren erwies sich als licht, hell, freundlich, friedfertig und liebenswürdig, auch wenn sein Name ehrfurchtgebietend „Herr“ bedeutete. Güllinbürsti ließ ihn als Sonnenhelden erscheinen, der Glück, Frieden, Sonnenschein und Regen spendete und daher auch für die Vegetation und den Ackerbau sorgte, aber auch als mutiger Krieger auftreten konnte.
Die christliche Ikonographie bezeichnete gelegentlich erstaunlicherweise den Eber auch als Symbol Jesu Christi, und zwar wegen der irrigen Ableitung des Wortes von Ibri, dem Stammvater der Hebräer (Ibrim). Besonders aber verkörperte er Wildheit, Zorn und Brutalität. Auch repräsentierte er das Böse an sich, die Sünden des Fleisches und das Walten grausamer Herrscher. Da der oberste germanische Gott Odin gelegentlich auch auf einem Eber ritt und in der Zeit der Christianisierung zur Teufelsgestalt des nord- und mitteleuropäischen Volksglaubens wurde, so gehörte natürlich auch bald das männliche Schwein zur Sphäre des Höllenfürsten.
Also, magst du deinen Schweinehund zurück in die Wildnis lassen, aus der er stammt – genauso wie du?
Schließ bitte deine lieben Augen – ja, natürlich, du kannst dann nicht mehr weiterlesen, also lies bitte erst die Anleitung und danach schließe deine lieben Augen: Richte deine liebevolle Aufmerksamkeit auf dein Herz, denn dort ist der Ort deiner Wahrhaftigkeit und all deiner Liebe. Auf dem inneren Weg in dein Herz siehst du eine dicke große Blockade, eine, die dich daran hindert in die Tiefe deines Selbst zu kommen. Eine, die dich daran hindert, für dich im Inneren und auch im Außen liebevoll zu sorgen. So zumindest sieht es aus. Du gehst mit deiner liebevollen Aufmerksamkeit auf diese Blockade zu. Du erkennst, dass sich dort all deine Widerstände, deine Hemmungen, deine Ängste zusammengefunden haben – ja sie haben sich zusammengekauert und versperren den Weg. Als du genauer hinschaust, entdeckst du ein riesiges Tier dort liegen – sieht aus wie ein Schwein, doch dann wieder wie ein Hund. An seinem Hals hängt eine lange Leine – mit deinem Blick verfolgst du ihren Verlauf und stellst mit Staunen fest, dass sie direkt zu dir führt und dich an den Schweinehund bindet – ja, du hältst deinen Schweinehund ganz eng an der Leine.
Du selbst hast ihn dort hingelegt. Du hast ihn seit Jahren trainiert auf enge Symbiose, er flüstert dir zu: Ach komm, wir machen es uns bequem, das ist leichter, wir bleiben beim Bewährten, alles Neue macht Angst, das wissen wir, wer weiß, was dabei rauskommt… Also, ihr richtet es euch gemütlich ein, ihr zwei werdet immer fauler, dicker und behäbiger. Der Fernseher bringt unermüdlich Programme, so dass es nicht zu langweilig wird, und das Gehirn fordert, sich zu eben diesem gewünschten Fernsehhirn auszubilden. Beim Aufstehen und beim kurzen Gang ins Bett quietschen die Muskeln ein wenig, der Bauch verhindert den klaren Blick auf die Füße – aber bei so wenig Bewegung ist das auch nicht entscheidend. Die Augen haben eine stolze Brille, die Lungen eine maßgeschneiderte Enge und das Auto steht vor der Türe, um dich und den Schweinehund durchs Leben zu fahren. Ein anfänglich genüssliches Arrangement breitet sich aus in zunehmender Mattigkeit, Willenlosigkeit und Dumpfheit: Du und der Schweinehund sind eins!
In dir spricht jedoch eine leise Stimme, das kann doch nicht alles gewesen sein! Dafür habe ich gelebt? Was macht das denn für einen Sinn!
Eines Tages wachst du auf und blickst dem scheinbaren Verräter mitten ins Gesicht. Hau ab!, schnauzt du ihn an, lass mich in Ruh, geh endlich! Anfangs klammerst du noch fest an der Leine und schreist lauter: Hau ab – der arme Kerl kann gar nicht, du hast ihn an dich gebunden! Und irgendwann wird dir klar: Du selber hältst die Schnur fest.
Und dann stell dir vor, du lässt die Leine los – oh je, wie kommst du nur ohne ihn klar, wirst du stöhnen – er bleibt natürlich erst einmal bei dir, ja, auch er hat Angst, sich zu lösen. Du atmest durch und sagst: geh, geh in die Freiheit – vielleicht gibst du ihm sogar einen Schubs. Er fängt an zu atmen, macht ein paar Schritte, streckt sich, reckt sich, umkreist dich, der Radius wird größer. Oh halt, da kriegt ihr beide Angst, er kommt wieder zurück oder du läufst auf ihn zu, ihn zu halten? Doch bitte, lasse ihn frei, lasse dich frei. Hier und jetzt hast du die Kraft! Und… schließlich läuft er davon, erst langsam, dann immer schneller. Mit jedem Satz, den er tut, verwandelt er sich immer mehr in seinen ursprünglichen Zustand, sein Fell wird grauer, sein Gang lebendiger – er wird immer wölfischer, irgendwann atmet er den Geruch der Freiheit, nimmt die Fährte seinesgleichen auf. Er rennt durch Wiesen, durch Felder bis zu einem der uralten Wälder mit weisen, alten Bäumen, tief verwurzelt, dicke, wettergegerbte Stämme, üppige Kronen, ganz hoch hinaus. Er nimmt die Fährte auf – und dann – selbst auf die Entfernung spürst du das Glück seines wild pochenden Herzens – ist er bei seinem Rudel Wölfe, tief im Wald, frei in Gemeinschaft lebend. Schon tollt er, tobt mit Seinesgleichen, sie haben so lange auf ihn gewartet – du schaffst das Bild ungestümer Wildheit, Freiheit, Spiel. Dann, schau genau hin – er schaut zurück, schaut dir über die Weite direkt in deine Augen. Du spürst das Lodern seines Blickes voller Freude, Lebendigkeit und Glück und er bellt dir zu – du kannst ja inzwischen die Sprache der Wölfe verstehen – und hörst den Klang der Wildnis in deinem Trommelfell nachhallen: „Sei wild, sei frei, sei deine eigene urlebendige Natur.“ Du spürst seinen Jubelschrei nachhallen in jeder Zelle deines Körpers, in jeder Faser deines Seins und in allen wogenden Zwischenräumen. Dein ganzer Körper schwingt in einer neuen Lebendigkeit.
Und siehe da – du bist angekommen in deiner ureigenen schwingenden Mitte deines Herzens.
Hier findest du die Geschichte des Schweinehundes gesprochen.